Restaurierungsbericht von: Yvonne Stoldt, Eva-Katharina
Nebel
Eigentümer: Stadtbibliothek Trier
Die Inkunabel besteht aus zwei Werken unterschiedlicher
Autoren. Beides aber sind enzyklopädische Werke. Das erste Buch,
Etymologiae, von Isidorus Hispalensis, wurde um 630 abgeschlossen. Als
Realenzyklopädie faßt es das gesamte weltliche und geistliche
Wissen des frühen Mittelalters zusammen. Die hier vorliegende Inkunabel
wurde nach 1470 von Conradus Winters de Homborch in Köln gedruckt.
Das zweite Werk, De proprietatibus rerum, wurde von Bartholomeus Anglicus
verfaßt. Es ist eine Naturenzyklopädie, die um 1240 geschrieben
wurde und aus 19 Büchern bestand. Dieser Druck datiert von 1470 und
stammt von Berthold Ruppel in Basel.
Maße des Bucheinbandes: Höhe 388 mm, Breite 275 mm, Dicke
92 mm.
Ausstattung des Buchblockes: Prachtinitiale auf Folio 1, rote und blaue
Initialen und Rubrizierungen.
Überzug: Kalbleder, alaungegerbt, blindgeprägt; Buchschließen
(unvollständig), Holzdeckel aus Buche.
Die äußeren Lagen des Buchblockes waren eingerissen und fleckig.
Am Kopfschnitt war der Buchblock verschmutzt. Dort wurde er mit einem
Latexschwamm trocken gereinigt. Risse und Fehlstellen wurden mit Japanpapier
geschlossen. Als Klebstoff wurde dabei Tylose MH 1000 verwendet, die gelöst
in Wasser-Ethanol rasch auftrocknet, ohne Ränder zu hinterlassen.
Die Flecken auf dem fliegenden Blatt konnten mit feuchtem Löschkarton
vermindert werden. Das Bild links zeigt den Vorzustand, das rechte Bild
das Ergebnis der Behandlung. Auf dem linken Bild kann man noch die Arbeitsweise
des mittelalterlichen Buchbinders beobachten. Beim Überziehen der
Buchdeckel wird das ungeschärfte Leder eingeschlagen. Der Materialüberschuß
wird zu Dreiecken zusammengeschoben, die anschließend - Kerben ähnlich
- abgeschnitten werden, ohne die Einschlagsbreite zu berücksichtigen.
Das Kapital des Buchblockes weist eine Farbenfrische auf wie zur Zeit
der Entstehung im 15. Jahrhundert. Einige Fäden sind gerissen. Bei
der Restaurierung werden sie mit einem kaum sichtbaren Seidenfaden überfangen
und zusätzlich rückseitig mit feinem Japanpapier geklebt.
Das Überzugsleder war intakt bis auf die Gelenke (Fälze), die
gerissen waren. Das Foto zeigt bereits den Zustand nach dem Unterlegen
mit Ergänzungsleder. Unser Interesse wurde geweckt durch die graue,
schuppige Schicht auf dem Überzug. Wie weiter oben zu sehen ist,
war das Leder - wie alle alaungegerbten Leder - einmal weiß gewesen.
Durch Untersuchung einer Probe am Infrarotspektrometer konnte nachgewiesen
werden, daß das Leder außen mit einer Schicht Roggenkleister
bedeckt ist. Sollte diese Beschichtung einen Griffschutz darstellen und
das Buch vor unansehnlichen Flecken schützen?
Auf diese Weise machen uns die originalen mittelalterlichen Bücher
weit über die Textinformation hinaus Mitteilungen über die Arbeitsweisen,
den Gebrauch und die Gedanken der Menschen des Mittelalters.
Materialien:
Latexschwamm „Chemical Sponge", Kalbleder alaungegerbt, Luganil-Lederfarben,
Japanpapier, Ethanol. Klebstoffe: Weizenstärkekleister, Hausenblase,
Tylose MH 1000.
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